
Wofür steht Furia eigentlich?
Selbstverständnis zur Gründung 2024
Wer wir sind
Wir sind eine queerfeministische, antirassistische, antifaschistische und
antikapitalistische Gruppe die sich aus der Organisationsstruktur der
„Marsch Fürn Arsch“-Proteste gegründet hat.
Wir erkennen an, dass das Patriachat nicht nur Frauen unterdrückt, sondern auch alle Lebensrealitäten die nicht den heteronormativen patriarchalen Vorstellungen entsprechen.
Daher schließt unser Feminismus nicht nur den Kampf für Frauen und ihre Rechte, sondern auch den für die Befreiung queerer Menschen weltweit mit ein.
Zentral ist bei unserer politischen Arbeit das Recht auf Abtreibung sowie die Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Wir lehnen die österreichische Fristenlösung ab und kämpfen für einen finanziellen und zeitlich uneingeschränkten als auch unbürokratischen Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.

Zum Thema der Gewalt
Sexistische Gewalt manifestiert sich auf individueller Ebene unter anderem als sexualisierte Gewalt und auf strukturelle Ebene als patriarchale Gewalt.
Mit transformative Justice wollen wir auf individueller Ebene agieren, auf struktureller Ebene kämpfen wir mit unseren Aktionen. Intern braucht es nicht nur Aufklärung und aktive Präventionsarbeit, sondern auch ein Konzept, welches vorgibt wie wir als Gruppe mit Übergriffen und anderen Formen der sexualisierten, psychischen sowie physischen Gewalt umgehen.
An oberster Stelle steht für uns die Betroffenen-Solidarität und die Definitionsmacht, d.h. die betroffene Person entscheidet wie der Übergriff zu bewerten und zu definieren ist. Falls ein Übergriff oder andere Formen der sexualisierten Gewalt stattfinden, soll dieser Fall mit dem Konzept der transformative Justice behandelt werden.
Das heißt, dass wir die Bedürfnisse von betroffenen Personen stets berücksichtigen und aktiven Aufarbeitungsprozess mit Täter*innen durchführen wollen. Denn nur durch Reflektion und aktive Täter*innenarbeit können weitere Übergriffe verhindert werden!
Transformative justice ist ein befreiender Ansatz gegenüber Gewalt, der darauf abzielt, Sicherheit und accountability zu gewährleisten, ohne dabei auf Entfremdung, Bestrafung und staatlicher oder systemischer Gewalt, die auch Inhaftierungen und Überwachung beinhalten, zu beruhen.
Transformative justice hat das Ziel, Menschen, die Gewalt erfahren, eine unmittelbare Sicherheit sowie langfristig angelegte Heilungs- und Wiedergutmachungsprozesse zur Verfügung zu stellen, indem gewaltausübende Personen in und durch ihre Umfelder zur Verantwortungsübernahme bewegt werden.
Diese Form der accountability beinhaltet dabei die Gewalt unmittelbar zu unterbrechen, die Verpflichtung, zukünftig keine Gewalt mehr auszuüben, und Angebote zur Wiedergutmachung für die verübten Grenzverletzungen.
Solche accountability-Prozesse benötigen eine stete Unterstützung und einen transformativen Heilungsprozess für Personen, die sexualisierte Gewalt ausgeübt haben.
Das Vorgehen gegen diskriminierendes und gewaltvolles Verhalten untereinander ist uns in unserer Gruppe besonders wichtig. Gewalt in jeder Form; physische als auch psychische, hat in unserem Umgang miteinander keinen Platz. Wir wollen uns aktiv mit unseren Kommunikationsformen und Handlungen auseinandersetzen.
Let’s be careful with eachother, so we can be strong and dangerous together.
Unsere Praxis
Mit unserer Praxis ergreifen wir die Möglichkeit mit Aufklärungsarbeit
(Flyern, Infotische, Infoveranstaltungen etc.) und anderer praktischer
politischer Arbeit (Kundgebungen, (Gegen)Demos, Aktionen etc.) einer
Gleichberechtigung und Befreiung von Frauen und queeren Personen
schrittweise näher zu kommen.
Auf unseren Veranstaltungen haben wir keine Toleranz gegenüber jeglicher Form von Gewalt und Übergriffen.
Wir möchten, sofern es unserer Kapazitäten und Umstände zulassen, Safer Spaces schaffen und auch dort, wenn es die Situation zulässt, an
transformative justice angelehnte Handlungsformen anwenden.
Dennoch erkennen wir an, dass ein Ende der sexistischen Gewalt erst mit dem Sturz des Patriarchat möglich ist.
Das zu erreichen ist unser größtes Ziel.

Für ein solidarisches Miteinander
Mit unserem queerfeministischem Verständnis gilt auch Sexarbeitenden vollste Solidarität, die wie alle andere Arbeitenden das Recht auf selbstverwaltete, gleichberechtigte Arbeit haben sollten.
Aus unserer Ablehnung patriarchaler Gewalt bekämpfen wir jede Art religiösen Fundamentalismus, ganz besonders den in Österreich
allgegenwärtigen christlichen Fundamentalismus und seine Institutionen, allen voran die katholische Kirche. Religion als Unterdrückungsmechanismus ist unser Feind, nicht aber der persönliche Glaube.
Rasse als Konstrukt spiegelt keine biologische Realität wider, sondern ist ein reiner Unterdrückungsmechanismus. Wir stellen uns klar gegen jeden Faschismus und alle Formen von Rassismus und Diskriminierung aufgrund von religiöser, ethnischer sowie nationaler Zugehörigkeit, sei es z.B. Islamophobie, anti-arabischer Rassismus, Antiblackness, Xenophobie, Antisemitismus, Antiziganismus und natürlich auch alle andere Formen davon.
Imperialismus und Kolonialismus als Hauptbestandteile des Kapitalismus, sind Träger dieser rassifizierten Gewalt, weshalb wir uns mit antikolonialen, antikapitalistischen Kämpfen auf der ganzen Welt solidarisieren.
Wir lehnen die Leugnung oder Billigung des Genozids an den Palästinenser*innen ab und unterstützen die Forderung für ein freies, gleichberechtigtes, selbstorganisiertes Leben in Palästina.
Wir solidarisieren uns mit der Revolution Rojavas und erkennen, dass Rojava trotz der zahlreichen Krisen und Probleme dem es gegenübersteht, ein revolutionäres Projekt, abseits der kapitalistischen, patriarchalen Norm ist.
Natürlich gibt es auch andere unterdrückte Völker und Bewegungen deren Kampf für Befreiung und Unabhängigkeit wir genauso unterstützen. Wir rufen auch die Linke in Wien und überall dazu auf, sich diesen Kämpfen anzuschließen und nicht lediglich weiße, eurozentrische Themen aufzugreifen.
Aktuell müssen wir uns vor allem neben Rojava und Palästina auch in der D.R. Kongo, im Sudan, in Chiapas (Zapatistas) sowie an vielen
weiteren Orten mit den Befreiungskämpfen solidarisieren, denn unsere Befreiung geht Hand in Hand mit der Befreiung aller.
Zur Intersektionalität
Wir streben an, eine inklusive Gruppe zu sein. Dazu gehört Antiableismus,
aktive Unterstützung von neurodiversen, chronisch und psychisch kranken
Personen, Personen mit Be_hinderungen.
Wir versuchen, jegliche
Veranstaltungen so inklusiv und antiableistisch wie möglich zu gestalten,
jedoch erkennen wir an, dass politische Arbeit immer mit Privilegien
verknüpft ist und daher nur ein gewisser Grad an Inklusion möglich ist.
Wir erkennen an, dass die aktuelle Organisation von Politik und Gesellschaft explizit Menschen mit Be_hinderungen ausschließt und nur eine radikale Änderung davon kann Inklusion nachhaltig realisieren.
Weiters benötigt eine inklusive Haltung auch generationsübergreifendes
Denken und Handeln, bewusster und kritischer Umgang mit Hierarchien
sowie Solidarität und Antiklassismus leben.
Wir wissen, dass allen Personen unterschiedliche Mittel zur Verfügung
stehen. Der Zugang zu unseren Events muss niederschwellig und vom
sozialen Stand, Herkunft unabhängig bleiben. Durch unsere Solidarität
wollen wir versuchen, die sozialen Ungleichheiten in unserem Umfeld zu
bekämpfen bis wir den Kapitalismus gestürzt haben.
Hierarchien sind eine Konstante des Lebens, wir wollen diese aber
bewusst erkennen und kritisch hinterfragen. Wir zielen darauf ab, soweit
wie möglich Informationen und Können zu teilen, um Wissenshierarchien
zu bewältigen, aus oppressiven sozialen Verhältnissen stammende
hierarchische Strukturen und Denkmuster zu vermeiden, Aufgaben und
Verantwortlichkeiten fair zu verteilen und Machtpositionen abzubauen.
Außerdem beinhaltet unsere Inklusion auch einen antispezistischen
Anspruch der Gruppe und ihrer Aktionen, jedoch nicht der Individuen. Wir
lehnen die Ausbeutung und Herabwürdigung von nicht-menschlichen
Wesen aufgrund ihrer Spezies so weit wie möglich ab. Wir beziehen uns
mit diesem Anspruch zum Beispiel auf geteiltes Essen und Getränke bei
Aktionen und Plena sowie Materialien die für Aktionen verwendet werden
(kein Schweineblut oder Federn, usw.). Außerdem ist pflanzliches Essen
und Getränke für viele Allergiker*innen und (religiöse) Essensvorschriften
inklusiv.

Zu guter letzt…
Als intersektionale Gruppe erkennen wir an, dass all diese Themen nicht voneinander zu trennen, sondern stark miteinander verbunden sind und sich gegenseitig stützen. Daher sind wir trotz des queerfeministischem, antifundamentalistischem Fokus auch in Bezug auf alle zuvor erwähnten Themen tätig und Teil dieser Kämpfe.
Unsere Grundsätze sind fluide, es also soll immer Raum für Änderungen und Diskussionen geben!