Unsere Rede zur Demo gegen transmisogyne Gewalt (July 2025)

Wir sind wütend.

Wütend, dass schon wieder so eine Demo nötig ist, um für die Sicherheit von trans Menschen, von Frauen und von Queers zu kämpfen. Wütend, dass unsere Sicherheit imme
r noch nicht ernst genommen wird.

Wütend, dass schon wieder ein solcher Angriff in unserer Stadt stattgefunden hat und wütend, dass Situationen wie diese so normalisiert und akzeptiert sind, dass es weder einen medialen, noch gesamtgesellschaftlichen Aufschrei dazu gab.

Wütend, aber nicht überrascht.

Situationen wie diese sind für uns exemplarisch für eine bedenkliche Entwicklung: in Zeiten durchgehender, ewiger Krisen haben unsere trans Geschwister ein so großes Fadenkreuz auf dem Rücken, wie schon lange nicht mehr. Bei zunehmender reaktionärer Entwicklungen steigt Transphobie und besonders Transmisogynie immer schneller und stärker.

Sei es durch wieder zunehmende medizinische Diskriminierung, wie sie gerade besonders sichtbar in den USA durch die „Versicherungsreformen“ stattfindet.

Oder durch die durchgehend fabrizierte Empörung um trans Personen in diversen Sportarten, welche mittlerweile schon teil eines wöchentlichen rechten Themen Bingos zu sein scheint.

Aber auch durch hasserfüllte Kampagnen, die dem von Schimmel zerfressenen Hirn einer gewissen Kinderbuchautorin entspringen. 

Auch hier in Österreich dürfen seit kurzem nicht-binäre Menschen nicht mehr ihren Personenstand auf eine neutrale Angabe ändern. Dies wurde vom Verfassungsgerichtshof mit „biologischer Realität“ begründet, was auch für binäre trans Menschen eine besorgniserregende Argumentation darstellt.

Wieso sind gerade trans Menschen immer so schnell Ziele reaktionärer Ideologien?

Misogynie ist ein Regime. Es ist das System, das Heterosexualität reproduziert, von einer Generation zur nächsten weiterführt. Die zwei komplett gegensätzlichen, binären Geschlechter werden damit konstruiert. Damit entstehen auch unter dem Vorwand von „biologischer Natur“ die Geschlechterrollen, die existieren, um der Hälfte der Weltbevölkerung reproduktive Arbeit aufzuzwingen. Dass diese Natur ständige Erinnerung, Zurückweisung und Unterdrückung benötigt, um weiter zu existieren, wird nicht hinterfragt. Die Soldaten des Regimes, patriarchale Männer, müssen Tag und Nacht harte Arbeit leisten um es aufrechtzuerhalten. Es waren diese die hier vor 2 Wochen Nour Valantina angegriffen haben. Manche Frauen gehen einen Pakt mit dem Patriarchat ein, um den schlimmsten Exzessen davon zu entgehen und werden damit selbst oft zu Komplizinnen. Das ist zum Beispiel der Fall bei sogenannten Terfs und Gender Criticals, die sich mit Männern verbünden um andere Frauen zu unterdrücken, in der Hoffnung sich eine bessere Position zu ergattern. Diese heterosexuell-monogame Abmachung ist aber stets fragil, in der Hand des Patriarchen. Dieser kann jederzeit dieses Abkommen brechen, da er die Macht des Patriarchats hinter sich hat. Die Frauen, die diese prekäre Situation nicht akzeptieren landen in einer zum Teil noch prekäreren, da sie nicht von einem Mann als sein Eigentum geschützt werden.

In dieser vertikalen Anordnung des Mannes als volles Wesen und der Frau als untergesetzt ist es klar, wieso Menschen, die die Möglichkeit haben, sich Heterosexualität und Misogynie zu entziehen.

Seien es Lesben, die die Chance haben, das System der Heterosexualität gänzlich zu verlassen oder trans Männer die in der patriarchalen Hierarchie aufsteigen können.

Denn nicht ein Mann sein macht eine Person untergeordnet, zum Objekt. Niemand würde dieses Schicksal absichtlich wählen!

Oder doch? Was wenn es Deserteurinnen des Mannseins gäbe, die wissentlich diesen heiß begehrten Platz an obersten Stelle des patriarchalen Konstrukts ablegen? Wer würde so etwas wagen?

Das Brechen der vermeintlich natürlichen Barrieren zwischen Geschlechtern, zwischen Unterdrückten und Unterdrücker, bringt das Fundament des ganzen Systems zum wackeln. Trans Frauen müssen deshalb als eine existenzielle Gefahr für das Patriarchat angesehen werden und mit allen Mitteln zerstört und marginalisiert werden. Schnell wird aber klar, dass in der Marginalisierung der trans Frau diese bestätigt wird. Sie hat ihre Männlichkeit abgeworfen, sie wird jetzt zur Frau gemacht in dieser Unterdrückung, denn im Patriarchat gibt es kein schlimmeres Schicksal als zur Frau gemacht zu werden. Da sie wichtige Teile der Reproduktionsarbeit nicht erfüllen kann, nimmt ihre Unterdrückung eine stark sexualisierte Form an. Sie wird als Frau objektifiziert, aber nicht als solche angesehen. Sie wird nochmals entmenschlicht und entgendert, trotz der massiven genderspezifischen Gewalt, der sie ausgesetzt ist. 

Das ist Transmysoginie: das entgendern des männlich geglaubten Subjekt zum sexualisierten, ausgestoßenem Objekt.

Misogynie platziert den Mann über der Frau.

Wer diesem System den Rücken wendet und die Vorteile davon ablehnt wird mit Transmisogynie bestraft.

Es ist die Warnung: „Sei der Mann, der du sein solltest, weil sonst…“

Das was hier passiert ist, war ein Versuch Nour Valantina dafür zu bestrafen, dass sie dem Patriarchat den Rücken kehrt.

Trans Frauen sind jeden Tag an der Front des Kampfes gegen das Patriarchat. Deswegen brauchen sie unsere Unterstützung und est ist die Pflicht aller, sich mit ihnen zu solidarisieren.

Klar ist eins: es gibt keine Befreiung aller ohne einer Abschaffung des Patriarchats.

Das Patriarchat ist älter als der Kapitalismus, Misogynie erstreckt sich als Leitfaden in der Geschichte. Transmisogynie ist nicht eine Ablenkung von anderen, wichtigeren Themen oder Unterdrückungsformen, sondern hat eine zentrale, tragende Rolle in Misogynie, Patriarchat und Kapitalismus.

Die Gewalt des Patriarchats ist nicht nur irgendein theoretisches Konstrukt, sondern eine gelebte Realität für die Mehrheit der Menschheit.

Sie ist nicht nur ein Symptom unseres kranken Systems, sondern vielmehr eine der am weitesten verbreiteten Formen der Diskriminierung und Unterdrückung, eines der wichtigsten Werkzeuge von genau dem System, das wir stürzen versuchen.

Wir gedenken hier auch allen Queers dessen Identitäten und Existenzen von Kolonialmächte vernichtet wurden, wie zum Beispiel denen, die unter den Trümmern von Gaza liegen oder denen, die im Evin Gefängnis im Iran ermordet wurden als es letzten Monat gezielt von Israel zerbombt wurde.

Revolutionäre Arbeit ohne das Patriarchat zu bekämpfen hat mit reellem Aktivismus nichts zu tun. 

Aus diesem Grund gilt für uns, gerade auch in Zeiten wie diesen:

No border, no nation, trans liberation!